Irgendwie habe ich nicht fertig (Umgangssprachlich - ein Versuch Witzig zu sein).
Vor vielen Jahren (eigentlich Jahrzehnte), habe ich mich schon mit dem Minimalismus auseinandergesetzt. Ich hatte hier sogar darüber geschrieben. Nicht um Minimalistisch zu sein – nein – ich habe immer die Vergangenheit entsorgt. Erinnerungen, die ich nicht haben wollte. Gegenstände waren schon immer mit Geschichten für mich behaftet.
Ich bin früh von zu Hause ausgezogen. Nahm nur einen Wäschekorb voll mit – mit meinen Habseligkeiten. Lebte danach auch ziemlich spartanisch. Wenn ich mich recht erinnere, hat nie wirklich etwas gefehlt.
Ich bin oft umgezogen und ich erinnere mich, dass ich in meinen ersten Wohnungen keine Kellerräume hatte. Irgendwann gehörte dann auch mal ein Kellerraum zur Wohnung. Ich sehe mich da noch stehen, in meinen ersten Keller. Drin stand mein Fahrrad und irgendeine Kiste mit Kram.
Bis ich dann heiratete – Kinder bekam und einen Mann hatte, der ein Messi Syndrom besaß. Alles konnte man ja irgendwann gebrauchen. Sonderangebote waren besonders anziehend für ihn.
Der Haushalt wuchs und mir über den Kopf. Ob es die zig Weingläser oder die 8 oder mehr Bettbezüge waren. Küchenausstattung – es gab nichts was es nicht gab. Alles verteilte sich gut im ganzen Haus. Man bemerkte gar nicht, wie viel es eigentlich war, bis zu dem Tag, wo wir uns trennten. Wir hatten drei Kellerräume voll, plus Garage. Den Kellervorraum ebenfalls mit einem großen Schrank bestückt, der voll bis zum Anschlag war.
Es erschlug mich förmlich! Also was machte ich? Ich packte viel Zeug zusammen und stellte es meinem Ex hin. Bestellte den Sperrmüll und entsorgte so auch noch viel Zeug. Ich habe viel gespendet.
Seitdem bin ich immer wieder umgezogen und war damit beschäftigt, von Umzug zu Umzug mich zu reduzieren. Es war wie ein Sport den ich betrieb. Als wenn ich mich selbst immer und immer wieder toppen wollte. Da stellten sich so Fragen, wie viele Umzugskartons ich benötigen würde. Es kam immer ein gewisser Stolz in mir auf, dass auch reduzieren zu können.
Die Frage nach neuen und größeren Schränken stellte sich gar nicht. Eher das Gegenteil traf ein. Ich bin im Stande eine Wohnung – egal wie klein sie ist – geräumig wirken zu lassen. Luft für die Seele des Heimes zu geben. Sich darin wohl zu fühlen ohne dass es den Geist ablenkt.
Bei meinem letzten Umzug habe ich mich auch wieder von Dingen getrennt. Ich bin sogar noch weiter gegangen. Dadurch dass ich sowieso schon viel Luft hatte, und eigentlich gar nicht mehr soviel besaß, hat innerlich eine Veränderung in mir stattgefunden. Ich fing an, über mich und mein Leben nachzudenken. Ich habe mich von Menschen getrennt, die mich nicht glücklich machten. Ich habe mich von meinem Job getrennt, der mich ebenfalls nicht mehr Glücklich machte.
Eine stetige Entwicklung meiner selbst mit vielen Hinterfragungen. Die Suche nach dem Glück, wie viele es beschreiben, es auch genau dort im Minimalismus zu finden, sehe ich eher als Nebeneffekt des Minimalismus. Für mich hat der Minimalismus etwas mit loslassen zu tun. Und wenn ich genauer darüber nachdenke, hat es mein ganzes Leben bis zum heutigen Tag bestimmt.
Ich habe früh meinen Vater verloren. Trennte mich mit 16 von meiner Mutter und hatte dann über 40 Jahre keinen Kontakt mehr zu ihr. Beziehungen brachen. Die Kinder gingen aus dem Haus. In den frühen Phasen der Verluste und des Loslassens, besaß ich so gut wie nichts. Später – als ich fast 1,5 Jahrzehnte in einer Ehe war, häufte sich viel Zeug an. Nachträglich betrachtet, eine Kompensation dessen, was meine Ehe war. Voll beladen mit Problemen, die ich versuchte, durch Dinge zu ersetzen und wieder gut zu machen.
Danach war ich damit beschäftigt, Dinge loszuwerden - zu reduzieren, um mich wieder zu finden und um mich zu maximieren. Die Vergangenheit loszulassen! Erinnerungen entsorgen. Leben im Jetzt! Es war wie Ying und Yang. Ein kommen und gehen von Dingen. Man ersetzte. Hatte Spaß an diversen Dingen und fing wieder ohne es zu merken an, zu sammeln.
Zwei Beziehungen später, bemerkte ich wieviel Kleidung ich besaß. Ich hatte es doch tatsächlich geschafft einen begehbaren Kleiderschrank zu füllen und die Saisonkleidung im Keller aufzubewahren.
Beim letzten Umzug dann, war mir klar, da muss sich was ändern. Also kaufte ich mir einen Zweitürigen Schrank und eine Kommode. Back to the roots.
Na -wer sagts denn – geht doch!
Seitdem optimiere ich immer noch. In Zeiten wo ich kaum etwas besaß, waren meine Unbeschwertesten Zeiten überhaupt. Ich habe viel darüber nachgedacht und versuchte mir dieses Gefühl von Damals wieder vorzustellen. Nicht das ich jetzt etwas vermisse, aber es regt mich zum nachdenken an. Wieso man diese unbändige Lust – ja fast schon Sucht, des Entsorgens in sich spürt. Immer auf der Suche – was kann noch weg.
Ich für mich – weiß - dass die letzten Jahrzehnte ein Prozess meiner selbst war, mit dem Fokus des Loslassens. Ich fühle mich annähernd so zufrieden, wie damals vor ein paar Jahrzehnten. Ich vermisse nichts und niemanden. Ich bin gewiss ein Ästhet, der Dinge zu schätzen weiß. Ich habe lieber weniger – aber dafür für mich wertvolle Dinge.
Unsere Eltern sind da noch ein anderes Kaliber. Vollgestopft bis unter die Decke horten sie, was das Zeug hält.
Unsere (meine) Kinder leben es uns(mir) vor. Sie wollen nicht mehr viel. Sie Reisen lieber und pflegen ihre Freundschaften. Prüll (Kölsches Wort) braucht man ihnen nicht zu geben. Sie sind minimalistisch eingerichtet, weil sie das Leben irgendwie besser verstehen als es unsere Generation lebt.
Eltern sind der Spiegel der Kinder – hier ist es genau umgekehrt. Ich beobachte und lerne daraus. Auch egoistischer zu werden, was unsere Kinder wahrlich sind.
Vielleicht liest es sich so, als wenn ich keine Erinnerungen haben will. Das auch – aber oftmals leben ja auch Erinnerungen in uns und sollten nicht in den Dingen sein. Die Erinnerungen mit meinen Kindern nimmt mir niemand, auch wenn ich vielleicht nicht alles von ihnen aufgehoben habe.
Die Werbung propagiert, dass Konsum und Besitztümer aufwerten. Schöner - Besser – reicher. Dinge sollen Löcher stopfen, die wir in unserer Seele haben. Die Wahrheit aber ist (zumindest für mich), es ist wie ein Schlag mit dem Hammer auf den Daumen um darauf zu warten wie der Schmerz nachlässt. Süchtig nach dem Gefühl des Besser Werdens - der Heilung. Ein Selbstbetrug!
Letztendlich ist Minimalismus ein Weg zu sich selbst!
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